Ich habe kürzlich Platons Höhlengleichnis gelesen. Zugegeben, nicht ganz freiwillig. Und auch nicht zum ersten Mal – das habe ich aber erst beim Lesen gemerkt. Im Übrigen läuft bei mir zu Hause, während ich diese Zeilen schreibe – und Sie können mir glauben, es schockiert mich selbst ein wenig – der Fernseher. Und das nach mehr als vierjähriger Fernsehabstinenz! Doch seit kurzem haben wir Breitbandinternet zu Hause und da konnten wir quasi TV gar nicht nicht dazunehmen. Aber man muss mir zu Gute halten, dass ich erstens mit dem Rücken zum Fernseher sitze und zweitens, dass ich mich gleichzeitig auch „intellektuell“ beschäftige, indem ich diesen Text schreibe und zudem auch noch Fotos hochlade, weil ich nämlich gerade dabei bin, mein erstes Fotobuch Online zu gestalten. Im Übrigen habe ich diese Woche auch noch gar nicht ferngesehen, dafür aber die sehr empfehlenswerte Hörbuchfassung von Christoph Ransmayrs „Der fliegende Berg“ gehört.
Nun aber zurück ins alte Griechenland. Und in die Höhle, in jene Höhle, in der es Menschen gibt, die, gefesselt, nur die Schatten von Gegenstände und anderen Menschen sehen können, weil sie ihren Kopf nicht drehen können. Wenn diese Gefangenen irgendwann der Höhle entkommen und sehend bzw. wissend werden, ist der Aufstieg aus der Höhle, der dazu notwendig ist, und die damit einhergehende Erkenntnis von der Welt, wie sie wirklich ist, stets sehr schmerzhaft. Bitte, sofern ich das richtig verstanden habe! Als ich das Höhlengleichnis gelesen habe, ist mir mein Wissen um Nahrungsmittelproduktion etc. in den Sinn gekommen. Denn da denke ich mir manchmal schon, dass es bequemer wäre, das alles nicht zu wissen. Denn: ich kann nicht einfach mehr in den Supermarkt um die Ecke gehen und einkaufen. Ich kann auch nicht mehr spontan in irgendein nettes Lokal gehen und dort etwas essen. Und selbst die Streichwurst, die ich beim Demeter-Stand am Markt gekauft habe – meine erste Streichwurst seit Jahren, mein erstens Fleischerzeugnis seit Monaten – konnte ich dann erst recht nicht genießen, weil mich eine mindestens genauso wissende Freundin, darauf aufmerksam gemacht hat, dass man auf dem Etikett der Leberpastete das Schweinemasthaus sieht. Da ist mir dann der „Guster“ auf die Streichwurst wieder vergangen. So ist das mit dem Wissen – meist Segen, aber sehr oft auch Fluch. Und vor allem dann, wenn man andere in einem lockeren Gespräch darauf hinweisen will, dass manches, was sie so kaufen, vielleicht nicht so toll ist, weil… . Das wollen die oft gar nicht hören! Da wird man dann gleich als besserwisserisch bezeichnet. So geht es auch Platons Menschen aus der Höhle, die nach ihrem Aufstieg in die Höhle zurückkehren. So, ich schau jetzt wieder fern.