Mein Kollege hat jetzt ein Tablet. Begeistert hat er es mir gestern im Büro vorgeführt und auch gleich erzählt, wie toll das für seine Kinder sei. Seine Tochter habe am Wochenende Rechenübungen darauf ausgeführt – sie ist 5! – und Prinzessinnen angezogen. Und wenn sie im Sommer mit dem Auto auf Urlaub fahren, dann werden seine Kinder im Auto auf dem Tablet Kindersendungen ansehen. Pädagogisch wertvolle natürlich. Und so wird die Autofahrt zum reinsten Genuss, ist sich mein Kollege sicher – für die Kinder und meinen Kollegen und seine Frau. Aber…
Das Aber von mir und meinem anderen Kollegen war ziemlich groß. Er hält nämlich genauso wenig davon, die Kinder schon so früh an die Technik heranzuführen, wie ich. Sie sollen doch so lange wie möglich von dieser Parallelwelt am Bildschirm ferngehalten werden! Es ist doch viel toller, sie spielen – wie mein Kollege es formulierte – im Dreck im Garten mit einem Stock und einem Kübel. Finde ich auch. Meine Tochter macht das zum Beispiel. Die ist momentan so heiß auf die Welt im Frühlingsjubel, dass sie kaum noch unser Haus betritt. Sie kommt aus dem Kindergarten und bleibt dann einfach im Garten, der übrigens nicht besonders groß ist. Ich habe fast das Gefühl, das ist wie ein meditativer Zustand, in dem sie sich in ihrem Gartenreich dort befindet. Sie springt, läuft, spielt mit einem Ball, setzt sich hin, hört, riecht, schaut. Das ist es doch, was die Welt ausmacht!
Die Kinder sollen sie mit allen Sinnen wahrnehmen, sich ihr mit ihrer Fantasie hingeben. Das tun sie ja auch – wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Und zudem die Chance, sich dabei möglichst frei zu bewegen. Ohne ständige Kontrolle von Erwachsenen. Bei uns, wo wir wohnen, funktioniert das auch tatsächlich. Da können die Kinder einfach Kinder sein. Sie können sich nicht nur im Garten frei bewegen, sondern sie können auch alleine bei der Gartentüre rausgehen und herumlaufen und in ihrer Welt sein. Denn bei uns gibt es sie noch, die Kinderbande, die autarke Kindergruppe, die erst kürzlich im Falter thematisiert wurde, weil sie so wichtig ist für die soziale Entwicklung der Kinder. Genauso wichtig wohl wie das Erleben von Langeweile. Zum Beispiel wenn wir in die Ferien fahren. Das ist schon in Ordnung. Langweile macht kreativ – heißt es doch, oder? Sie sollen bitteschön einfach ein bisschen singen – ich singe auch mit – damit die Zeit vergeht. Und Bücher schauen. Und aus dem Fenster starren. Und schlafen – ja, das fände ich besonders toll. Und sie sollen auch fragen dürfen, wann wir denn endlich da sind. Von mir aus auch 197 Mal. Das ist in Ordnung. So ist das eben, wenn man in den Urlaub fährt. Ich will, dass die das genau so erleben.
Natürlich denkt mein Kollege mit dem Tablet auch so. Natürlich gehen auch seine Kinder raus auf die Wiese zum Spielen. Natürlich dürfen auch sie nicht fünf Stunden lang fernsehen im Auto, wenn sie nach Kroatien fahren. Natürlich werden sie von der Technik nicht verdorben. Natürlich nicht. Aber…