Drei Uhr nachts mit Katharina Acht
Es ist dunkel, es ist windig. Die Straßen sind leer. Oder doch nicht? Es ist weit nach Mitternacht, als Katharina Acht, in schwarzen Mantel mit Kapuze gehüllt, ausgerüstet mit Stativ, Kamera und großer Tasche, die Fahrertür ihres alten, rostigen VWs öffnet. Eine neue Nacht hat begonnen, in der sie rastlos durch die Straßen wandert. Bis sie wieder eines findet. Die zierliche Oberösterreicherin stellt ihr Stativ nieder, hängt sich die Kamera um und sucht nach der richtigen Einstellung. Ein Mann kommt auf sie zu. Schaut. Geht weiter. Ein komisches Gefühl steigt in Katharina hoch. Ob er wieder kommt? Er wird doch nicht die Polizei rufen, weil ja doch vermutlich sie es ist, die angsteinflößend wirkt. Warum stellt sich auch jemand mitten in der Nacht vor ein Hochhaus und schießt Fotos. Das muss ja eine Verrückte sein. Oder, eine Fotografin, deren aktuelle Fotoserie „Schlaflos“ fertig werden muss. Auch Künstler haben Termindruck. Wer lebt hinter diesen hellerleuchteten Fenstern? Was sind das für Menschen? Was bewegt sie dazu, mitten in der Nacht wach zu sein, während alle anderen Nachbarn ringsum schlafen? Es sind Bände, die diese Bilder erzählen.
Katharina jagt durch Tokio Schauplatzwechsel. Katharina Acht streift wieder durch die Straßen. Dieses Mal am anderen Ende der Welt. In Tokio. Auf der Suche nach Bildern, die das tägliche Leben in dieser im Vergleich zu unserer scheinbar vollkommen unterschiedlichen Metropole zeigen. Tag für Tag jagt die Fotografin und ausgezeichnete Zeichnerin Bildern des Alltags, von Märkten, Regierungsgebäuden, Parks und Einkaufsstraßen nach, um sie später Eindrücken aus Wien gegenüberzustellen und zu zeigen, dass es so unterschiedlich nun auch wieder nicht ist, das Leben hier und dort. Auf dieser Reise erfindet die Dreißigjährige auch ihre bekannten Kanaldeckelbilder. Ein Deckel aus Tokio, einer aus Wien, ein Staunen und schon war die nächste Foto-Serie da.
Donald Duck und Elvis Presley getuscht Mit Diabond und Acryl als Leinwand, entstehen so meist überdimensionale Bilder, die aufgehängt ganz eigene Räume schaffen. Mosaike aus Meer und Himmel, schmelzendem Schnee auf Moos oder eben Kanaldeckel. Fabelhafte Welten eben, die so in der Realität nicht existieren, die Katharina Acht brauchen, um komponiert und zum Leben erweckt zu werden. Es ist dabei vorwiegend eine sehr reduzierte Farben- und Formensprache, der sie sich bedient. Ganz andere Welten erschafft die Künstlerin hingegen mit ihren Tuschezeichnungen, die Namen tragen wie „Die Helden meiner Kindheit“ oder „Die Rache der Motive“. Auch hier ist sie perfekt in ihrer Sprache. Jedes Detail durchdacht und überlegt. Mit Witz und Intellekt, romantischer Verspieltheit und klaren Strukturen.
Reisende Kontraste Als international gefragter Illustrator für Monstergeschichten ist auch Katharina Achts Lebensgefährte ein Erschaffer. Gemeinsames Hobby des ungleichen Pärchens: Reisen. Denn das ist es, was die Fotografin inspiriert, ihr Kraft gibt, neue Ideen schafft. Hätte sie unendlich viel Geld, würde sie überall auf der Welt mit ihrer Tasche, ihrem Stativ und ihrer Kamera mitten in der Nacht sich selbst und unbeabsichtigt andere Leute verschrecken und dabei großartige Bilder des Alltags komponieren. Zu sehen ab 22. März 2012 in der Linz AG.
Erschienen im Oberösterreichischen Kulturbericht – Folge 1 – Jänner/Februar 2012