Hatte ich nicht noch im September gesagt, dass ich das heurige Jahr ruhig angehen will? Hatte ich nicht gesagt, dass ich das Bedürfnis nach einer unausgewogenen Work-Life-Balance habe? Im Sinne von 70 Prozent Life, 30 Prozent Work natürlich. Hatte ich mich nicht extra, um im Flow der Ausgeglichenheit zu bleiben, in einem Yogakurs eingeschrieben? Und zum Ausgleich des Ausgleichs noch in einen Zumba-Kurs? Und jetzt?
Wir haben Mitte Oktober und ich ertappe mich dabei, viel zu viele Aufträge anzunehmen, viel zu viel Schokolade zu essen, meinen Mann statt mir in die Yoga-Stunden zu schicken und überhaupt. Schon bin ich wieder im gleichen Strudel des Alltags angekommen, wie ich es für heuer vermeiden wollte. Ist das eigentlich ungesund?, das frage ich mich an manchen Tagen. Kann mir dieses dauernde Hin- und Hereilen zwischen A und B und C und D, diese vielen Kaffeepausen, die ich noch im September durch Teepausen ersetzt habe, sicher nicht schaden? Wo liegt eigentlich der Unterschied zwischen zu viel und zu viel?
Zwischen 500.000 und 1 Million Österreicher/innen sind laut Studien von Burnout betroffen. (Wie seriös solche Studien auch sein mögen, das sei hier dahin gestellt.) Oder, wie ein Kollege von mir sagt, leiden zwischen 500.000 und 1 Million Österreicher/innen an einer speziellen Angst-Depression. Er mag nämlich das Wort Burnout nicht. Denn es sei ein Modewort, sagt er, und verharmlose den Zustand der Betroffenen. Angst-Depression dagegen klänge nach einer Krankheit und das sei das Burnout ja. Aber, wie erkennt man ein Burnout frühzeitig und wo bleiben die Möglichkeiten im beruflichen Alltag, dagegen zu steuern? Oder: Was macht jemand, egal ob sie/er ein Rädchen in einem Betrieb ist, Manager/in oder zum Beispiel selbständige/r Grafiker/in, wenn sie/er das Gefühl hat, nicht mehr lange so weitermachen zu können?
Ein Meeting mit mir selbst
Was ich jetzt mache? Jetzt mitten im tiefen Herbst, der eiskalte Morgenstunden bringt und manchmal laue Nachmittage? Ich mache weiter. Denn eigentlich macht es mir ja Spaß, meine Arbeit und das ganze Drumherum. Eigentlich wüsste ich gar nicht, was ich sonst tun sollte. Was wäre die Alternative, wenn man den Faktor Geld mal bei Seite lassen würde? –Gleich in der Früh auf der Couch stricken und lesen, mit Freunden (also, jenen, die dem ganzen ebenfalls ein Ende gesetzt haben, am Vormittag Kaffee trinken oder Radfahren gehen, am Nachmittag mit den Kindern in den Zoo und abends ins Theater, Kino oder zum Tanzen? Klingt nett, aber auf Dauer? Gut auf Dauer, müsste ich mir dann vielleicht schon ein Projekt suchen, an dem ich arbeiten könnte – und da, ja, da, fängt das ganze schon wieder von vorne an.
Ich halte nun jeden Montag, Mittwoch und Freitag ein Meeting mit mir selbst ab, in denen ich die Frage zu klären versuche, wie es mir geht. Muss ich noch im Kalender eintragen, fällt mir bei dieser Gelegenheit ein. Und wenn ich aus so einem Meeting herauskomme, mit dem Ergebnis, dass es so nicht mehr geht? Dann muss ich wohl eine Krisensitzung einberufen. Keine Lösung ist das, nein. Aber ein Plan, oder? Infos zu Burnout finden Sie u.a. unter http://www.burnout.info/