Ausnahmezustand im Ort: Egal, wen man wo trifft, es ist DAS Thema Nummer Eins. Habt ihr es schon? Nein, wir hatten es noch nicht. Ach ja, was, das sollte ich vielleicht dazusagen: Die Windpocken gehen um bei uns. In Kinderbetreuungseinrichtungsjargon auch liebevoll „Pockerl“ genannt oder, in Oberösterreich generell: Die Schafplattern.
Ich habe schon vorgesorgt. Uns ausgerüstet mit Hörspielen, neuen Büchern, Gesellschaftsspielen. Um die lange Zeit des Zuhausesitzens zu Überbrücken. Die schlimmsten Geschichten werden schon erzählt. Von einem Mädchen, dass nicht nur die „Pockerl“, ich mag dieses Wort, es tröstet über die sicherlich öde Zeit der Krankheit hinweg, sondern gleichzeitig auch Scharlach bekommen hat. Sie ist mittlerweile wieder quietschvergnügt in den Kindergarten zurückgekehrt, keine Sorge. Jetzt hat es dafür ihre Schwester…, arme Eltern und ja, natürlich: Arme Kinder! Dass das Kranksein für die Eltern oft einer Odyssee durch den Alltag gleicht, das wissen diejenigen, die selber Kinder haben, nur zu gut. Während schon unter normalen Umständen das Chaos meist groß genug ist, man mit Jause herrichten und Vorkochen oft erst gegen neun Uhr abends zum „Niedersitzen“ (um im oberösterreichischen Slang zu bleiben) kommt, ist das Kranksein der Kinder nicht nur eine Sorge mehr, sondern vor allem auch eine managementtechnische Angelegenheit, die nicht immer leicht zu bewerkstelligen ist. Dabei erinnere ich selbst mich gerne an jene Zeiten zurück, an denen ich – liebevoll umsorgt von Mutter und Großmutter – auf dem Sofa liegen durfte und endlich ausgiebig Zeit für Hörspiele, Malen, gemeinsam kochen und vielerlei Dinge mehr hatte, die sonst im Alltagsstress zu kurz kommen. Schließlich haben ja auch Kinder oft kaum Zeit, sich in Ruhe zu Hause zu beschäftigen. Vom Kinderturnen zum Geburtstagsfest, vom Theaterbesuch zum Uroma-Altersheim-Besuch. Alles schöne Dinge, aber manchmal würde ein Tag ganz zu Hause wohl auch den Kleinsten nicht schaden. Entschleunigung ist das Stichwort, unter dem momentan namhafte Autoren, Journalisten, Psychologen genau von diesem Phänomen erzählen. Vielleicht können die Pockerl ja der Anstoß sein, die Familie zu entschleunigen. Kann man nur hoffen, dass es nicht zu sehr juckt!