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Das störrische Pferd oder: Im Hier und Jetzt der eigenen Bedürfnisse

Das störrische Pferd oder: Im Hier und Jetzt der eigenen Bedürfnisse

woman in pink dress shirt riding on brown horse
Photo by Pixabay on Pexels.com

Ausgerechnet in dem Moment kam mein Mann gestern vom Dienst nach Hause, als ich es mir mit dem Laptop am Schoß beim Tisch gemütlich gemacht hatte (um einen Text meiner Ältesten zu korrigieren). Da liege ich ihm täglich in den Ohren, weil ich zu nichts mehr komme, nicht zum Lesen, nicht zum Schreiben (außer dieser bescheidenen Zeilen natürlich) und dann so etwas. Nun schon zum zweiten Mal. Eh klar, Mama hängt wieder vorm Laptop. Scrollt sich raus aus der Wirklichkeit. Dabei habe ich mich heute total bemüht, nicht immer mit den Gedanken woanders zu sein, sondern im Hier und Jetzt: Beim Memory, beim Ballspielen, beim Kochen, beim Saugen, beim Barbie-Puppen anziehen (ich hasse Barbie-Puppen anziehen), beim den Kindern die Zähen putzen, beim Spielsachen wegräumen, beim Rechenübung kontrollieren, beim Antworten auf die täglich gleichen Fragen meiner Fastkleinsten (fast 3).

Kind: Mama, warum fahren wir nicht auf Urlaub.
Mama: Du weißt doch warum.
Kind: Wegen dem Virus.
Mama: Genau.
1 Minute später
Kind: Mama, warum fahren wir nicht reiten?
Mama: Ja, warum denn?
Kind: Wegen dem Virus.
Mama: Genau.
usw.usf.

Also wirklich, gestern war ich anwesend. Echt anwesend. Nicht nur physisch. Und soll ich Ihnen was sagen – das tut gut. Sich einfach auf das zu konzentrieren, was gerade im Moment wichtig ist. Das ist zwar ziemlich anstrengend. Es fühlt sich ein bisschen so an, als müsste man ständig an den Zügeln eines störrischen Pferdes ziehen, damit der Geist nicht sofort wieder abschweift, aber es zahlt sich aus. 

Seite an Seite mit dem Mann, den man bis zum Ende haben möchte

Und wie herrlich gut das dann tut, wenn das Hier und Jetzt der eigenen Bedürfnisse gekommen ist. Wenn das Hier und Jetzt die Badewanne mit viel Schaum ist, der Roman, den man wirklich lesen möchte, und nicht der, den man lesen muss, weil man dem Kind versprochen hat, den Jugendroman parallel mitzulesen, damit es jemanden hat, mit dem es darüber sprechen kann.

Wenn es das Sofa ist, auf dem man sitzt mit dem Mann, den man im Hier und Jetzt und bis zum Ende dieses Lebens haben möchte, und eine sinnlose aber einen zum Lachen bringende Sitcom anschaut, Seite an Seite mit Mann und einem alkoholfreien Bier, eisgekühlt. Daneben ein paar der heiligen Rauchmandeln mit Salz, die nur in Ausnahmefällen an die Kinder ausgegeben werden und man sich selbst einfach so gönnt, weil man es sich verdient hat, weil man den ganzen Tag im Hier und Jetzt war mit den Kindern, sich um sie gekümmert hat, eigentlich eh deshalb, weil es ja nichts besseres gibt, als sich um seine Kinder zu kümmern, aber trotzdem hat man sich diese Mandeln, dieses Bier und diesen Mann auf diesem Sofa mit dieser Sitcom jetzt und hier verdient.
Weil das alles schon verdammt hart ist. 

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1 Kommentar
  • absolut richtig, im Hier und Jetzt, mit dem bis ans Lebensende wollenden Mann, alkolholfreiem Bier, Sitcom und den Salzmandeln. Etwas aber fehlt mir doch jetzt schon bei diesem Hier und Jetzt: wo ist das NUTELLA geblieben?

    Viele Grüsse von der Mutter, die Du auch absolut verdient hast!!!!! – ´zwar momentan mit Abstand aber doch jede Minute im Hier und Jetzt!!!!